Ich, Baska-Bergziege

 

Ich, Baska-Bergziege, eine liebenswert-freche Hovawart-Hündin

 

Ausgerechnet in Nachbars Frühlingsblumenbeet wollten die beiden schwarzmarkenen Hovawarte sich verpaaren. Als Alissa aus dem Auto sprang und Moritz sah, war direkt Vertrautheit wieder da, obwohl sie sich nun schon einige Zeit nicht mehr gesehen hatten.

Der A-Wurf von der Schildesche war nun schon zwei Jahre alt und hatte wunderschöne, wesensfeste Welpen hervorgebracht und daher wurde eine Wurfwiederholung genehmigt. Alissa sollte ein zweites Mal von Moritz gedeckt werden und damit wurde auch die Altersgrenze für den letzten Deckakt von Moritz erreicht.

 

Wenn nach erfolgreichem Deckakt und Alissa aufgenommen und muntere, gesunde Welpen werfen sollte, war geplant, dass eine Hündin zu meinem Erzeuger ziehen sollte. Vorausgesetzt, mein Frauchen und Herrchen finden erfolgreich ein Haus mit Garten in der neuen Heimat, wo auch zwei Hunde erlaubt sind.

 

Treffen in Bad Lippspringe zum Deckakt und Welpenzeit

Nun traf es sich, dass meine Leute Verwandte in Niedersachsen besuchen wollten und Alissa zum gleichen Zeitpunkt läufig wurde. So hatte Gabi mit Alissa keine weite Anfahrt und man verabredete sich in Bad Lippspringe zum decken. Als Alissa und Moritz sich freudig begrüßten, suchten sie sich ausgerechnet den mit blühenden Blumen angelegten Vorgarten des Nachbarn, um sich zu vergnügen. Der Besitzer des Blumengartens hätte bestimmt etwas dagegen gehabt. Eilig wurden die Hunde zurückgerufen, um Ärger mit dem Besitzer wegen zertrampelter Blumenbeete zu vermeiden. Gabi holte Alissa mit einem kräftigen Nein und nicht hier aus dem Blumenbeet. Das ist der Nachteil, wenn man sich zum Decken in einer fremden Gegend trifft. Alissa war natürlich folgsam, verknüpfte aber das Nein mit: ich darf nicht mit Moritz spielen und schon gar nicht verpaaren. Das kann passieren, wenn ein Hund eine starke Bindung zum Frauchen hat und das Nein ist ein absolutes Kommando.

 

Der nahe gelegene Wald sollte den Hunden genügend Platz zum Spielen und Decken bieten, aber nun zeigte Alissa kein Interesse mehr an Moritz. Frauchen hatte es ja verboten, mit Moritz zu spielen. Moritz machte immer wieder Versuche, sie zu besteigen. Aber Alissa blieb folgsam und wehrte Moritz ab. Nun war man schon resigniert, dass eine Verpaarung nicht mehr zustande kommen würde. Moritz holte sich zum Abkühlen ein Stöckchen und es passierte nichts mehr im Wald.

 

Doch auf dem Heimweg suchte Moritz noch einmal seine Chance, denn er war ein erfahrener Deckrüde. Er umwarb nochmals Alissa und sie konnte dann wohl seinen Versuchen nicht mehr widerstehen und Alissa ließ sich nun bereitwillig decken. Anschließend traf man sich noch bei einem leckeren Mittagessen im Beisein von Moritz und Alissa.

 

 

Nach acht Wochen wurden neun gesunde Welpen geboren und eine davon war ich. Mama Alissa wollte nicht in die Wurfkiste im Kellergeschoß, obwohl Gabi ihr Bett dort aufgeschlagen hatte. So wurden wir mit der Flasche groß gezogen.

 

 

Für meine neue zukünftige Familie gab es große Veränderungen. Die Zelte in Frankfurt wurden abgebrochen und ein neues Zuhause im schönen Rheinland wurde gesucht. Nun war es nicht so einfach, ein Haus mit Garten zu finden, wo man auch zwei Hunde halten durfte.

Die Option, einen Welpen aus dem Wurf zu erhalten, bestand aber.

 

 

Beim ersten Besuch in Bielefeld begrüßte ich freundlich wedelnd mein neues Frauchen. Sie wusste noch nicht, dass ich von der Züchterin Gabi für sie ausgesucht wurde. Und es war keine Frage, wo ich hingehörte. Ich habe mir mein neues Frauchen ausgesucht. Nein, ich war bestimmt schon als Welpe vom Wesen her nicht die einfachste Hündin, aber die mit dem ausgeprägtesten Charakter. Mein Frauchen meinte, dass vielleicht ein unerfahrener Hundebesitzer nicht gut mit mir zurecht kommen würde. Und das hatte sich auch später bestätigt. Gabi hatte mich auch tatsächlich ausgesucht.

 

Inzwischen war die Suche nach einem geeigneten Haus und der Umzug nach Neuwied sowie die Eingewöhnung erfolgreich verlaufen.

Die Welpen hatten schon alle Einzug in ihr neues Zuhause gehalten, nur meine blonde Schwester, die bei der Züchterin verblieb und ich waren noch im Garten, als meine neue Familie mich abholte. Es war eine weite Fahrt und gegen das Autofahren musste ich ordentlich protestieren. Auch die Anwesenheit von meinem Papa Moritz konnte mich nicht beruhigen. Mein neues Frauchen nahm mich auf den Schoß und versuchte, mir die Autofahrt so angenehm wie möglich zu machen. Aber da zeigte sich schon was alles so in mir steckt, und dass ich über einen starken Charakter verfüge, denn das passte mir alles nicht. Schließlich übermannte mich dann doch der Schlaf. Unterwegs hielten wir mehrmals für eine Pipi-Pause an und den Rest der Fahrt habe ich verschlafen.

 

Endlich kamen wir im neuen Zuhause an. Mein Papa Moritz ging voraus in das Haus und ich sollte ihm folgen. Alle Lockungen meiner neuen Familie konnten mich nicht davon überzeugen, in ein fremdes Haus zu gehen. So wurde ich auf den Arm genommen und in den Garten gebracht und hier gefiel es mir. Es roch nach meinem Papa und alles war gut. Ich musste mal alles abschnüffeln und fühlte mich gleich wohl.

 

Nun wollte ich auch mit meinem Papa spielen. Immer wieder habe ich ihn angesprungen und zum Spielen aufgefordert, der konnte aber nur ein leises Knurren von sich geben und hatte keine Lust, auf meine Spielaufforderungen zu reagieren. Aber ich gab nicht auf und versuchte es immer wieder. Da war ich sehr ausdauernd.

 

Es dauerte vierzehn Tage, bis Moritz sich endlich erweichen ließ und mich als Spielpartner akzeptierte. Mein Papa lag im Flur und ich versuchte mal wieder mein Glück, denn ich wusste, irgendwann gibt er auf.

Moritz erkannte wohl die Situation, dass er nicht mehr der alleinige Wächter des Hauses sein würde und sich die Arbeit mit mir teilen müsste.

 

Ich machte mal wieder einen von meinen Spielversuchen und zuerst kam wieder der leise Knurrton, aber dann drehte sich mein Papa auf den Rücken und ich konnte ihm auf dem Bauch herum hüpfen. Das Eis war gebrochen und seit diesem Zeitpunkt waren wir beide ein Herz und eine Seele.

Es sah schon sehr spektakulär aus. Beim Verlassen des Hauses, um spazieren zu gehen, konnte ich mich mit meinen Zähnen in dem dichten Fell von meinem Papa festhalten und ich musste überhaupt nicht laufen. Das war schon ein seltsames Bild. Ein kleiner Welpe hing bei dem großen Hund im Fell und wurde so spazieren geführt.

In der Fußgängerzone wunderten sich die Leute natürlich über das außergewöhnliche Zweiergespann. Aber ich wurde immer größer und konnte dann nicht mehr ohne Bodenkontakt im Fell hängen. Außerdem machte es ja auch Spaß, selbst zu laufen und zu rennen.

 

Als wir eines Tages den nahe gelegenen Wasserfall aufsuchten, hatte mein Frauchen Lust auf eine kleine Kletterpartie an der angrenzenden Felswand. Kaum war sie schon einige Meter empor geklettert, folgte ich. Ich kletterte allerdings ohne zu zögern immer weiter meinem Frauchen nach, als sei ich eine Bergziege. Von da an hieß ich Baska-Bergziege. Mein Frauchen hatte sich wohl doch etwas zu viel zugetraut, denn der Abstieg war etwas schwieriger. Sie nahm einen kleinen Umweg, um wieder sicher nach unten zu gelangen. Ich hatte allerdings kein Problem nach unten zu klettern und war im Nu wieder am Wasser bei dem Rest meines neuen Rudels. Pamela weinte, weil sie Angst um mich hatte. Vor lauter Aufregung hatte Pamela ihr Schmusetuch verloren.

 

Ich wollte nicht mit Moritz im Flur schlafen und zog es vor, wenn alle im Bett lagen, auf Pamelas Bett zu springen. Das tat ihr natürlich Pamela weh und sie weinte, weil ich mich immer direkt auf sie stürzte.

Nach mehreren Versuchen, mich von dieser Aktion fernzuhalten, musste ich nachts an die Kette gelegt werden. Eine Leine hätte wohl keine lange Lebenszeit gehabt. So testete ich nachts, ob das Holz der Treppe auch hovawartresistent war. Leider nicht.

 

Oftmals fuhren wir ins Grüne, um neue Wege zu entdecken und die traumhaften Landschaften im Westerwald, Rheinland und Eifel zu erkunden.

Endlich erreichten wir einen Parkplatz im Wald. Natürlich wollte ich wissen, was es hier zu entdecken gibt. Mein Frauchen öffnete die Tür des Wagens und mit einem Satz sprang ich nach vorne über die Sitze, um als erste frische Luft zu schnappen und zu schauen, ob hier auch alles in Ordnung ist. Mein Frauchen schrie auf, hatte ich mich doch mit meinen scharfen Krallen auf ihrem Oberkörper abgestützt. Sie hatte lauter Schrammen auf der Brust, die sogar bluteten. Das hatte ich ja nicht gewollt. Ich musste doch als Erste die Lage sichern, ob wir auch an einem sicheren Ort geparkt hätten.

Mein Frauchen war ziemlich sauer und sagte: Jetzt wird aber ein Hundegitter gekauft. Schade, dann konnte ich ja nicht mehr durch das ganze Auto hüpfen. Mein Frauchen meinte noch, für Moritz haben wir so etwas nie gebraucht. Herrchen kam am nächsten Tag mit diesen Ding aus dem Baumarkt und von nun an konnte ich nicht mehr im Auto herum springen wie ich wollte. Während der Fahrt getraute ich mich das natürlich nie, nur wenn das Auto still stand.

 

Einige Tage zuvor parkten wir nämlich vor unserem Geschäft und sollten im Auto verbleiben, da einige Handwerker irgend etwas zu arbeiten hatten. Das hat mich aber fürchterlich geärgert, weil die ständig um mein Auto herum werkelten. Ich bekam so eine Wut, dass ich mich an der Einrichtung des Autos abreagieren musste. Später kam mein Herrchen und war entsetzt, als er sah, was ich da angerichtet hatte. Der Schaltknauf und die Fensterkurbeln waren nur noch halb so groß wie vorher. Das Polster der Sitze hatte riesengroße Löcher und der ganze Inhalt war im Wagen verteilt. Der Himmel des Autodaches hing in Fetzen herunter. Aber mein Herrchen bekam das alles wieder in Ordnung. Er suchte sich ein gleiches Modell wie unser Auto, das zufällig verschrottet werden sollte. Er baute alle Ersatzteile aus dem anderen Wagen aus und schraubte sie in unser Auto. Ich glaube, nur bei den Sitzen hatte er Probleme, aber irgendwie hat er es dann doch hinbekommen und unser Auto sah fast so schön wie vorher aus und fast wie neu.

 

Ich musste ja immer alles Austesten, ob irgendetwas Essbar war. So hatte ich eines Tages beim Absetzen von einem Häufchen Probleme und es hing noch etwas aus dem After heraus. Ich hatte die Angewohnheit, wenn etwas da hinten nicht in Ordnung war, mich mit dem Hinterteil vor mein Frauchen zu stellen um zu zeigen, dass sie mal das kontrollieren sollte.

Mein Frauchen nahm ein großes Blatt und zog an dem, was da noch hinten heraus hing. Sie zog und zog und musste immer weiter nach hinten treten. Dieses Etwas war ein endloser Faden und nahm kein Ende und wie aus einem Mund kam ein Aufschrei von Herrchen und Frauchen: Das ist ja unser Teppich!

 

Ich hatte unbemerkt einen Teppich aufgeräufelt und zum Glück kam dieser endlose lange Wollfaden wohlbehalten wieder aus mir heraus. Das hätte auch anders ausgehen können. Aber ich hatte einen ganz großen Schutzengel.

 

Gartenarbeit

Ich konnte klauen wie die Raben, ohne dass es einer bemerkte. Oftmals passierte es, dass bei Umpflanzungen oder beim Umgraben im Garten mein Frauchen etwas entdeckte, was eigentlich nicht in den Garten gehörte. Sie grub irgendein Kleidungsstück aus, das sie schon seit längerer Zeit vermisste. Meistens waren es Socken oder Unterwäsche und wenn einer etwas im Haus versehentlich vergessen hatte wegzuräumen, dann gehörte es mir. So erzieht man seine Leute zur Ordnung. Im Verstecken und Verscharren war ich sehr gut, denn ich verstand es, die Beute so gut zu mit Erde und Laub zu bedecken, dass keinerlei Spuren von irgendwelchen Grabarbeiten oder Erdumwälzungen zu sehen waren.

 

Mein Frauchen fand sich damit ab, dass der Garten sowieso nur noch ein Hundegarten war. Wenn sie versuchte etwas einzupflanzen, musste ich mithelfen und meistens habe ich es wieder ausgegraben.

Nun stand noch ein großer Kübel auf der Terrasse, in dem einige Kräuter unversehrt standen.

Mein Frauchen war froh darüber, dass wenigstens noch einige Gartenkräuter zur Verfügung standen und sagte noch zu Herrchen, na ja, wenigstens der Kübel mit den Kräutern ist noch erhalten geblieben. Wenige Minuten später schaute sie zum Fenster hinaus und traute ihren Augen nicht. Sie rief nach Herrchen, und sagte schau mal, von dem ich gerade gesprochen hatte, ist nichts mehr zu sehen. Sie erwischten mich, als ich gerade dabei war, alles was in dem Kübel angepflanzt war, heraus zu scharren. Ich hatte ganz schön Mühe und es war viel Arbeit, den Kübel leer zu bekommen.

 

Unser Garten war eingezäunt. An einem Teil wuchs eine dichte Tannenhecke, die eigentlich undurchdringlich war. Doch ich schaffte es, da durch zu kommen. Ich hatte nämlich auf einmal ein großes Bedürfnis und im eigenen Garten mochte ich mich nicht lösen. So fand ich einen Lücke in der dichten Hecke, um in des Nachbarn Garten zu gelangen und setzte einen großen Haufen auf den gepflegten Rasen. Die Nachbarn schauten gerade aus dem Fenster und erwischten mich in flagranti. Durch den lauten Schrei der Nachbarschaft wurde mein Frauchen aufmerksam und erkundigte sich, was da geschehen war. Ich machte mich schleunigst wieder davon und tat so, als ob nichts geschehen wäre. Mein Frauchen musste das Malheur schnell wieder beseitigen und am nächsten Tag hatten die Nachbarn diesen Teil des Gartens mit einem Zaun versehen.

 

 

Springmaus und Kletterkünstlerin

Da ich im schönen Westerwald aufwuchs, der durch seine tiefen Täler, hohen Berge und rauschende Bäche beeindruckt, konnte ich mich im Berghinaufrennen üben. Mit Begeisterung schnellte ich die Hänge hinauf. Auch das Klettern auf den felsigen Abhängen bereitete mir keine Schwierigkeiten und meinem neuen Beinamen Bergziege machte ich alle Ehre.

 

Unermüdlich konnte ich die steilen Hänge erklimmen und war froh, wenn einer mithielt. Auf den zahlreichen Wanderungen mit meinen Artgenossen, die mein Frauchen und Herrchen organisierten, konnte ich den anderen jungen Hovis meine Fähigkeiten weitergeben und ihnen vermitteln, welche Freude es bereitet, die Berghänge hoch und runter zu rennen. Meine Leute hatten ja immer einige Bedenken wegen meiner Hüfte, aber keine Sorge, die war einwandfrei. Besonders viel Spaß hatte ich, wenn wir auf unseren Spaziergängen an einer großen Wiese vorbei kamen. Dann sah ich meinen Papa an, gab ihm ein Zeichen und wir rannten um die Wette in großen Bögen. Mein Frauchen sagte dann immer: So sehen fröhliche, glückliche Hovawarte aus.

 

 

Auf einem unserer Spaziergänge wollte mein Herrchen sich mal die schöne Landschaft aus der Höhe ansehen und stieg auf einen Hochstand. Ich dachte mir, wo will denn Herrchen nur hin, da muss ich aber schnell hinterher. Mein Frauchen konnte gar nicht so schnell reagieren, denn im Nu stieg ich die Leiter hoch und Herrchen hinterher. Mein Frauchen bekam die Krise und war schon ziemlich verzweifelt, denn sie dachte, hinunter könnte ich die Leiter unmöglich kommen. Aber zum Glück hatte ich mein Herrchen. Der nahm mich auf den Arm und wir beide kamen wohl behalten wieder auf dem Boden an.

 

 

 

 

 

Eine Wanderung Anfang November führte uns mal wieder durch die wunderbare Landschaft im Westerwald. Wir waren schon einige Zeit unterwegs, plötzlich kamen seltsame weiße Flocken vom Himmel herunter gefallen. Ich dachte mir, was ist das denn? Kann man diese Dinger etwa fangen? Und tatsächlich. Ich fing an, nach diesen wundersamen Flocken zu schnappen. Sie waren feucht und kühl und stillten sogar etwas den Durst. Aber es wurden immer mehr und ich kam gar nicht mehr mit dem Fangen nach. Es fielen immer mehr weiße Flocken vom Himmel und plötzlich war die grüne Wiese weiß. Ich testete es aus wie sich es anfühlt, wenn ich mich darin wälze. Denn ich liebte es, mich auf den grünen Wiesen zu wälzen. Und ich fand es sehr angenehm, es war feucht und kühl und weich wie bei Herrchen im Bett. Ich konnte gar nicht mehr genug von dieser Wohltat bekommen und kugelte mich im Schnee, bis mein Rudel den Heimweg antrat.